MÖRFELDEN-WALLDORF - Alte Lokomotiven waren viel schöner, sagt Peter Illert. Schon als Kind hatte er an der Weilburger Schranke fasziniert den vorbeifahrenden Dampfloks hinterhergeschaut, den
Fahrtwind gespürt, den Schwefel und das Maschinenöl gerochen. Doch bereits in den siebziger Jahren wurden Dampfloks in Deutschland ausrangiert, nur in Polen hielten sich die Zugmaschinen länger.
Peter Illert, der seit den neunziger Jahren regelmäßig das Nachbarland besucht, hat die imposanten Loks dort fotografiert. Unter dem Titel „Odjazd – Abfahrt“ zeigt Illert nun eine Auswahl seiner
Fotografien im Walldorfer Bistro Blitz.
Einen nostalgischen Charme verbreiten die ausgestellten Bilder, auch weil viele Aufnahmen zwischen 1991 und 2000 analog entstanden und teils Reproduktionen von Dias sind. Laut Illert war Polen
ein klassisches Eisenbahnland, doch mit dem Zusammenbruch der Planwirtschaft Anfang der neunziger Jahre setzte der Umbruch ein. Die polnische Staatsbahn hatte ihren Platz in der Planwirtschaft
verloren, doch noch war die Liberalisierung Zukunftsmusik.
Genau in diese Zeit fielen Illerts erste Polenbesuche, mal zusammen mit den Schienenverkehrsfreunden Schwanheim, mal allein oder mit Freunden. Vieles in Polen habe vor 25 Jahren noch ausgesehen,
wie in Deutschland vor 50 Jahren, so Illert bei der von über 30 Gästen besuchten Vernissage.
Zu sehen sind aber nicht nur die Zugmaschinen, darunter die P8, eine preußische Traditionslok. Der 55-Jährige hat auch das Leben rund um die kleinen Landbahnhöfe dokumentiert. Ihm gehe es darum,
die Funktion der Lok in Szene zu setzen. „Die Lok alleine finde ich eher langweilig, die haben ja auch eine Aufgabe“, so Illert.
Auch Leben um Bahnhöfe herum ist dokumentiert
Eine davon war der Gütertransport. So zeigt ein Foto eine pechschwarze mit Kohle beladene Schmalspurbahn, die sich durch eine strahlendweiße Schneelandschaft schiebt. Auf einem anderen Foto von
2001 sind feiernde junge Menschen in einem Abteil bei einer Vergnügungsfahrt zu sehen.
Einige Bilder zeigen auch die deutsche Kriegslokomotive Ty2 von 1942. Viele Loks blieben nach dem Zweiten Weltkrieg in Polen und wurden zum Wiederaufbau des Landes genutzt. Die Auseinandersetzung
mit der deutschen Kriegsgeschichte in Polen gehörte für Illert bei seinen Reisen immer dazu wie auch ein hohes Maß an Sensibilität. Denn die Begeisterung deutscher Touristen für die Loks hätten
nicht alle Polen unbedingt geteilt. Dennoch habe er auf den Reisen viel Gastfreundschaft und Interesse an seinem Hobby erlebt, sonst hätten seine Bilder nie entstehen können, betonte Illert.
In Polen wurden die Dampfloks bei der Schmalspur im Jahr 2000 abgestellt. In Wolsztyn bei Posen werden die Loks von Vereinen für touristische Zwecke und zur Traditionspflege erhalten. Auch das
hat Illert dokumentiert. Seine Fotos sind noch bis Anfang September im Bistro Blitz zu sehen.